Tag 5 mit dem Handbike

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Heute fahre ich mit einem Handbike, welches ich von Rehability Dresden geliehen habe. Vielen Dank an dieser Stelle an Herrn Gildemeister, Herrn Mühlisch und Kollegen.

Allein aus Muskelkraft

Wie das Video zeigt, ist das Handbike mit einer elektrischen Unterstützung versehen. Die habe ich heute aber absichtlich ausgeschalten. Ich wollte einmal das Feeling haben ohne Hilfsmotor. Wie mir meine Muskeln gerade sagen, war das eine gute wie auch schlechte Entscheidung.

Das Fahren mit dem Handbike hat mir die Möglichkeit gegeben, in die Rolle eines sportlichen Rollstuhlfahrers zu versetzen. Ich muss sagen, es war nicht immer schön, so durch Dresden zu fahren. Was bedeutet das konkret:

  1. An das Fahren mit dem Handbike muss man sich erst gewöhnen. Die Armbewegung ist dabei das angenehmste. Hier werden offenbar Muskelgruppen benutzt, die ich sonst nicht so häufig nutze. Der Antrieb mit den Armen ergibt auch ein anderes Fahrgefühl als mit den Beinen, da man anders Kraft aufbringen muss und kann. Ich habe bspw. oft viel zu spät geschalten und musste hier häufig sehr stark an den Armhebeln ziehen, um wieder vorwärts zu kommen.
  2. Rein geometrisch sitzt man recht niedrig. Wenn man von einem Bus oder LKW passiert wird, sind meine Augen gerade mal auf Höhe der oberen Radkante. Das macht einem ein durchaus mulmiges Gefühl. Außerdem bin ich natürlich eher den Abgasen ausgesetzt, da meine Nase sich einfach näher am Boden befindet. Man rieht auch eher den Dreck, den die Fahrzeuge auf unseren Strassen von sich geben.

  3. Da das Handbike vornehmlich aus einem Rollstuhl besteht, kommt man in den Genuss aller unzulänglichkeiten, welche Dresdens Strassen für Rollstuhlfahrer im Angebot haben. Hierbei kommen wieder die tödlichen Pflastersteinausfahrten ins Spiel, welche ich im Video bei 38s un 68s festgehalten habe. Als ich bei der Überfahrt von Fußgroßem Rundkopfsteinpflaster so richtig mein Gehirn geschleudert bekommen habe, fragte ich mich schon, ob Tiefbauamt und Grundstückseigentümer hier Diabolisches im Sinn hatten. Für Rollstuhlfahrer muss so etwas tagtäglich erniedrigend sein.

  4. Durch die visuell kleine Statur wird man schnell übersehen. Ich wollte mich vor der Semperoper in den Verkehr wieder eingliedern, da auch dem Radweg Bauarbeiten statt gefunden haben. Dies war mir nur schwer möglich und ich habe liever die 2 Minuten gewartet. Die Mitarbeiter von Rehability meinten sogar, dass insbesondere bei Dunkelheit hier Vorsicht geboten ist. Grund hierfür sind nicht nur die begrenzten Beleuchtungsmöglichkeiten am Handbike, aber vor allem die visuellen Gewohnheiten der Autofahrer. Sehr schade.

  5. Rollsplit und Schotterwege waren für das Handbike in der Ebene kein Problem. Mir ist es aber zweimal passiert, dass ich auf einem Weg mit ebendiesem Untergrund und einer Steigung nicht mehr weiterkam. Das Vorderrad hatte hier keine Haftung mehr und drehte durch. Ich musste dann aussteigen und schieben. Jemand mit Querschnittslähmung kann das nicht. Auch wenn schon Mai ist, so scheint mir, dass noch oft Split aus den kalten Tagen auf Wegebn zu finden ist.

Wenn ich obige Punkte so lesen und dann noch den Preis des Handbike in Betracht ziehe, kann ich mir durchaus vorstellen, warum sich ein Rollstuhlfahrer evtl. gegen ein Handbike entscheidet. Immerhin hat das Rad ein Preisschild, was einem guten gebrauchten Kleinwagen entspricht. Wenn ich dann noch die teilweise schwierigen Bedingungen im Strassenverkehr hinzu nehme, würde ich es mir zweimal überlegen, ob ich das Geld hier investiere.

Zusammenfassend hat der heutige Tag meinen Horizont grandios erweitert. Es war obendrauf eine sportliche Herausforderung. Vielen Dank, Rehability!

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